Unsere Reporterin hat sich freiwillig eine Nacht im neuen Gefängnis Zürich West einsperren lassen. Über trockene Betonwände, Kondome im Eintrittsset und Krimis im Knast.
Die einzige frische Luft in 24 Stunden: Auf dem Spazierhof.
Kurz vor dem Eingang fällt mir ein toter Buchfink vor die Füsse. Er ist ins Fenster geflogen. Ist das ein Omen? Ein Zeichen für die kommenden 24 Stunden, die ich im Knast verbringen werde?
Anfang April öffnet das neue Gefängnis Zürich West des Polizei- und Justizzentrums Zürich (PJZ). Vorher testet die Sicherheitsbehörde ihre Abläufe und hat dazu Freiwillige und Medienschaffende eingeladen. Ich lasse mich vorläufig festnehmen – für knapp 30 Stunden, so ist es zumindest geplant. Die Abläufe sind gleich wie bei der richtigen Haft. Im Gegensatz zu echten Häftlingen weiss ich aber schon vorher, wann ich wieder rauskomme.
Am Empfang muss ich sämtliche persönlichen Gegenstände abgeben, also auch Handy, ID und Schmuck. Dafür kriege ich eine Rote Karte. Testpersonen, die es nicht mehr aushalten, können diese zeigen – und werden sofort entlassen.
Fünf Minuten später sitze ich in der sogenannten Wartezelle. Ein schmaler, aber absurd hoher Raum, ohne Fenster. Türe links, Türe rechts. Drinnen Betonbank und -tisch, ein metallenes WC.
Die Zeit in der Wartezelle – der Betreuer sprach von einer halben Stunde – fühlt sich an wie ein erzwungenes Runterfahren. Ich sehe nur noch die weissen Wände und die Leuchtröhre an der Decke. Habe ich mich jemals so sehr für meine Fingernägel und Schnürsenkel interessiert? Was, wenn das Licht plötzlich ausgeht? Mir bleibt nichts anderes übrig, als zu warten. Dehnen, dösen, inspizieren. Irgendwann beginne ich, die Luftlöcher im Beton zu zählen. Mehr lesen auf tagi.ch
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